Challenge Roth 2017
09.07.2017 Challenge Roth 2017
Triathlon - IRONMAN Distanz
Die Geschichte um diesen Triahtlon begann bereits vor einem Jahr.
Mich hat schon immer diese Distanz fasziniert und gerade Roth als das Mekka des Langdistanz-Triahtlons. Hier findet der größte Wettkampf der Welt über die IRONMAN Distanz bereits seit über 30 Jahren statt. Dementsprechende Mythen wie den Solarer Berg oder die Ankunft im eigens aufgebauten Finish-Line-Station sind in der Szene auf den must-have Listen ganz weit oben.
Also habe ich versucht mich hierfür anzumelden, was ja bereits die erste Hürde ist. Die Anmeldung für diesen einmaligen Wettkampf ist in der Regel nach 40-45 Sekunden zu und das Event ausverkauft. Es gibt einfach so viele Sportler die hier einmal starten wollen. Um Punkt 10 Uhr ging am 25.07.2016 die Anmeldung los. Ich war bereits vorher auf der Webseite und habe ab 9:59h ständig auf den aktualisieren Button gedrückt, bis endlichd as Anmeldeformular aufging. Nach der Eingabe von Name, Geburtsdatum und EMailadresse war es auch schon vorbei. "Sie sind dabei und bekommen eine Bestätigungsmail." War es das wirklich? es war ja eigentlich ganz einfach, aber solange ich diese Mail nicht habe, kann ich es auch noch nicht richtig glauben. In den Foren wird darüber berichtet, wie viele Leute es wieder nicht geschafft haben.
Nach 3 Stunden kam dann die Email mit dem Code. "Wir freuen uns, dich am 09. Juli 2017 beim DATEV Challenge Roth begrüßen zu dürfen!"
Ab hier begann dann auch die wirkliche Vorbereitung.
Erst einmal standen noch ein paar Wettkämpfe auf dem Programm. Als erstes Anfang September ein Mitteldistanztriathlon beim Cologne Triathlon Weekend, Anfang Oktober der Köln Marathon wo ich eine neue Bestzeit laufen wollte. Der Triathlon als erster Test mit der halben IRONMAN Distanz (1,9km Swim, 90 Bike, 21,1 Run) lief deutlich besser als erwartet. Mit einem 36km/h Schnitt auf dem Bikesplit und einem Halbmarathon am Ende in 1:35h war die Gesamtzeit von 4:53h sensationell gut und machte Mut für Roth. Einen Monat später kam dann der Kölnmarathon wo ich meine 17 Jahre alte Bestzeit von 3:29h pulverisieren sollte. Mit einem sehr guten und konstanten Lauf konnte ich meine geplanten 3:10h genau treffen und ging mit einem super Gefühl in die Saisonpause.
Nach ein paar Woche Erholung habe ich das Training wieder aufgenommen und bin gut wieder reingekommen, bis mich im Dezember eine schwere Erkältung für 5 Wochen lahmgelegt hat. So konnte ich erst im Januar wieder langsam starten und mein Programm für Roth abspulen. Ab dort verletzungsfrei startete ich im April in die Wettkampsaison mit einem Halbmarathon in Bonn. Mit 1:27h konnte ich meine Bestzeit von letztem Jahr nochmal um eine Minute drücken. Die Form stimmt also. Anfang Juni stand dann der erste Triathlon in Bonn an. Mit 4km schwimmen im Rhein, 60km durch das Siebengebirge und 15km entlang des Rheins ein eher anspruchsvoller Wettkampf bei heißen Temperaturen jenseits der 34 Grad sollte das ein Vorgeschmack sein auf das, was in Roth noch auf mich warten sollte. Bis auf das Schwimmen lief es auch sehr gut und zwei Wochen später folgte noch ein Start in Düsseldorf auf einer Sprintdistanz (800m Swim, 20 Bike, 5 Run). Hier hieß es noch einmal die Abläufe checken und einfach einmal Vollgas geben. Der letzte Test war vielversprechend und so waren es nur noch zwei Wochen bis Roth. Die Nervosität machte sich langsam bemerkbar.
Noch zwei Wochen...
...das bedeutet vor einer Langdistanz das Tapern beginnt. Auf deutsch: Die Umfänge im Training gehen deutlich zurück und man lässt dem Körper die Möglichkeit Kraft zu sammeln. Das ist wirklich gar nicht so einfach. Man fühlt sich TOP fit, darf es aber nicht rauslassen. Immer schön kurz laufen, mal etwas schnell, aber wenn es sich gut anfühlt eigentlich schon wieder rausnehmen, es geht ja darum Kraft zu tanken.
Noch eine Woche...
...das Kribbeln wird stärker. Da ich schon am Mittwoch nach Roth fahre, um möglichst viel des Events mitzubekommen und die Reisestrapazen nicht kurz vor dem Wettkampf zu haben, sind nur noch zwei Tage Arbeiten angesagt und immer weniger Training. Ich habe dann den Wohnwagen geholt und alle Dinge die ich brauchen könnte eingepackt und dann ging es am Mittwoch nach Roth. Das Wetter scheint gut zu werden, hoffentlich nicht zu gut aber man kann es eh nicht ändern. Man muss nehmen was kommt.
Noch 4 Tage...
... Ankunft in Roth. Die Unterkunft ist auf einem Bauernhof am Brombachsee. Meine ganze Familie ist mitgekommen, was mich total gefreut hat. Wir sind zusammen eine Woche hier und werden dann den Sonntag gemeinsam erleben. Der gemeinsame Speiseplan wird bis Sonntag eine Variation verschiedener Nudelgerichte sein. Stichtwort - Carboloading. Möglichst viele Kohlenhydrate für das Rennen im Körper speichern.
Noch 3 Tage...
... erst einmal den Wohnagen zum Schwimmstart bringen. Eigentlich bringe ich den nur für eine Nacht mit, damit ich vor dem Start nicht so früh aufstehen und mit dem Auto anreisen muss. Neben der Wechselzone eins gibt es eine große Wiese die für Camping bereitgestellt wird. Ich habe noch extra eine Batterie im Wohnwagen eingebaut um dort autark zu sein und Strom und fliessend Wasser zu haben. Wohnwagen steht, auf gehts zurück zur Registrierung und die Startunterlagen abholen.
Der erste Besuch am Ziel. Das Stadion wird noch aufgebaut und auf der Triathlonmesse herscht reges treiben. Der Wahnsinn wie viele Beutel in der Registrierung liegen. Zwei nette junge Frauen im Dirndl überreichen mir nach dem Check meines Transponders meinen Beutel. Neben den Startunterlagen gibts noch ein Starnummernband, eine Kappe, ein Chipband, einen Wechselzonenrucksack und noch ein paar Dinge. Schon mal nicht schlecht. Nach einem kurzen Gang über die Messe gehts zurück zur Unterkunft. Heute ist Schwimmen am See bei >30 Grad mit der Familie angesagt.
Noch 2 Tage...
... heute morgen ist Testschwimmen im Kanal. Da dieser eine Schiffahrtsstrasse ist, ist das schwimmen normalerweise verboten (und wird mit Rennausschluss bestraft) Also nutze ich das Zeitfenster um im leichten Regen einen Kilometer locker zu kraulen. Es sind schon wahnsinnig viele Athleten im Wasser. Der Test verläuft gut, so dass ich mich gemütlich umziehe und um 9 Uhr zur Wechselzone gehe. Da findet jetzt der "Morning Run with Frodo" (Jan Frodeno, Weltmeister auf der Langdistanz) statt und ich will mir den mal aus der Nähe anschauen. Ein riesen Auflauf um den herum. Den Lauf mache ich aber nicht mit und fahre nochmal zur Triathlonmesse nach Roth. Gestern hatte ich ein cooles Shirt für meinen Sohn gesehen, und bei der Gelegenheit habe ich mir das aktuelle Challenge Radtrikot zugelegt. Das hat meine Farben (schwarz/rot) und ich werde das am Sontag im Rennen anziehen. Als Mittagseinheit gehts nochmal um den Brombachsee mit der Familie. Kleine Radtour mit Hänger als Extra Gewicht. Das Wetter und die Gegend sind echt traumhaft schön.
Noch 1 Tag...
... morgen geht`s los. Zur Entspannung morgens erst mal eine kleine Tour über den Brombachsee mit dem Boot. Danach packe ich meine Sachen. Das Rad und den Laufbeutel muss ich bis 16 Uhr in der Wechselzone 1 abgeben. Also drei mal die drei Beutel für Schwimmen, Rad und Laufen gepackt und gecheckt, dass ich auch nix vergesse. Danach gehts los mit der Familie zum Wohnwagen (wir wollten danach noch nach Roth). Michael und ich schnappen uns Rad und Beutel und auf zur Wechselzone. Am Eingang merke ich, dass ich den Chip nicht mithabe. Den braucht man beim Einchecken, damit das Rad über Nacht versichert ist. Da ich den morgen anziehe, habe ich den im Wohnwagen gelassen. Michael sprintet noch mal zurück. Ich werde allerdings trotzdem in die WZ1 gelassen (sorry Michael) und gebe dem Mann vom Mika Timing meine Nummer und alles ist paletti. Nach der Laufbeutelabgabe (der wird in die WZ2 transportiert) stelle ich mein Rad auf und geniesse etwas die Atmosphäre. Es herrscht hektisches Treiben und man kann eine gewisse Spannung spüren. Jetzt müssen wir uns allerdings beeilen um nach Roth ins Ziel zu kommen. Da ist um 17 Uhr Wettkampfbesprechung. Da es sehr voll ist laufe ich den letzten Kilometer und komme schweissgebadet in ein gefühlt 40 Grad heisses Zelt mit 1000 Leuten. Die Besprechung hätte ich mir schenken können, da alles in dem Wettkampfbegleitheft steht, das ich schon zehn Mal durchgelesen habe. Danach geht`s mit der Familie nach Roth essen. Was ich nicht bedacht habe: noch 12 Stunden bis zum Start, also nur leichte Kost für mich, während Michael einen Giant-Double-Mega-Burger neben mir verputzt. Leicht neidische Blicke von mir. Aber da muss ich durch. Nachdem wir dann wieder bei der Unterkunft bin, packe ich meine restlichen Klamotten und Michael fährt mich zum Start. Ich gehe nochmal in der Dämmerung ans Wasser und zur Wechselzone. Die Dunkelheit senkt sich langsam über die Szenerie, unterbrochen von den Flutlichtscheinwerfern, die die Wechselzone in gleissendes Licht tauchen. Dazwischen die Securityleute, die die Räder bewachen. Zurück im Wohnwagen checke ich zum 100. Mal meine Sachen für morgen und lege mir schon mal meine Verpflegung fürs Rad zurecht. Die Nacht wird eher unruhig und viel geschlafen habe ich nicht. Die Aufregung macht sich langsam bemerkbar.
RACEDAY...
... gegen fünf Uhr höre ich Fluch der Karibik Musik von draussen. Der Startbereich erwacht zum Leben. Ich öffne die Türe und schaue in den Sonnenaufgang. Überall auf der Wiese laufen Athleten zwischen den Zelten und Wohnwagen herum. Es sind noch 2 1/2 Stunden bis zum Start.
Das Blut zirkuliert schon ordentlich durch meine Adern. Leichte Aufregung macht sich breit. Ich Frühstücke ein Hanuta und trinke etwas Saft. Da ich nun keine Ruhe habe packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg zur Wechselzone. Meine Familie schickt mir ein aufmunterndes Bild mit einem Banner zum Anfeuern. Ein Lächeln, weil alle gut drauf sind und mich heute unterstützen. Wahnsinn was jetzt schon los ist hier. Dabei ist es ja eigentlich zu anchtschlafender Zeit. In der Wechselzone gebe ich erst mal meinen Rad-Beutel ab. Der muss bis 6.15h dort sein, danach wird dicht gemacht. Nun nochmal zum Rad, Luftdruck checken. Alles palletti! Mein Nachbar ist auch schwer nervös und leiht sich meine Pumpe aus. Ich rüste derweil mein Rad mit Getränken und Riegeln aus. Tacho auf die eigens angefertigte Carbonhalterung zwischen dem Auflieger und testweise einschalten. Alles in Ordung!
Noch eine Stunde bis zum Start....
Ich streife durch die Wechselzone, jetzt gleich starten die Profis. Das will ich mir anschauen. Es sind tausende Menschen an der Schwimmstrecke. Der Countdown zählt runter und ein Kanonenschlag läutet den Beginn des Wettkampfes ein. Die Musik ändert sich nun von episch auf gute Aktionmusik. Könnte meine Playlist sein, voll geil. Nach zwei weiteren Startgruppen gucke ich mir noch ein bischen das Treiben an. Da kommt eine WhatsApp von der Familie: Wir sind da! Wir treffen uns am Zaun der Wechselzone und ich ziehe mich auch dort um. Es scheint mir, dass wir alle etwas angespannt sind. In aller Ruhe zwänge ich mich in den Neo, lege den Chip an und packe Badekappe und Schwimmbrille und verabschiede mich. Auf geht`s zur Startzone.
Noch fünf Minuten bis zum Start...
Ich checke in meinem Block ein und stehe mir 200 Athleten kurz vor dem Wasser. Wir dürfen nun zur Startlinie schwimmen. Der Kanal ist angenehm erfrischend. Ich lasse das Wasser durch den Neoanzug gleiten und richte ihn noch etwas aus. Gleich geht`s los. Dann wird sich zeigen ob ich genug trainiert habe. Ich versuche noch die Familie am Ufer zu erspähen, da ertönnt wieder der Kanonenchlag.
START.
Ich versuche möglichst locker loszuschwimmen und halte mich erst einmal am Rand des Feldes auf. Die Taktik geht gut auf und ich komme ohne großen "Feindkontakt" in meinen Rhytmus. Durch die neue Schwimmbrille habe ich eine glasklare Sicht und ich ordne mich im vorderen Teil der Startgruppe ein um etwas Wasserschatten abzugreifen. Die ersten 1,5km geht es geradeaus im Kanal zu der nächsten Brücke. Darunter ist die Wendeboje, von der es 2km wieder zurück geht. Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass ich gut in der Zeit liege. Auf der zweiten Hälfte schwimme ich in der Mitte des Kanals entlang der Bojen. Hier kann ich mich ganz gut orientieren. Die Zeit vergeht schnell und schon bald komme ich wieder am Start vorbei. Etwas neidisch schiele ich zu den Athleten die bereits aus dem Wasser kommen. Von hier sind es nur noch gut 800-900m und ich peile die zweite Wendeboje an. Auch die ist schnell erreicht und ich aktiviere auf den letzten 200m etwas mehr meinen Beinschlag um das Blut mehr in die Beine zu verteilen. Nach 1:12 komme ich aus dem Wasser (Meine Uhr zeigt 3,95km) und der erste Part ist erledigt. Von rechts höre ich meinen Namen: Sabrina und Michael stehen direkt in der Menge am Ausstieg und feuern mich an. Ich greife meinen Beutel und ab geht`s ins Wechselzelt.
WZ1
Im Wechselzelt kümmert sich direkt jemand um mich. Ich habe quasi einen persönlichen Assistenten. Nachdem ich mich aus dem Neo gepellt habe, ziehe ich meine Radklamotten an und trinke einen Schluck. Dann geht`s raus aus dem Zelt zum Rad. Am Zaun sehe ich Helena und Henry rufen und winke den Daumen nach oben zeigend rüber. Ich schnappe mir den Helm und ziehe ihn an. Ohne den darf man das Rad nicht mal anfassen. Nach der Markierung schwinge ich mich auf das Rad und fahre unter dem BikeStart Bogen durch. In der ersten Kurve steht meine Mutter mit einer Rassel. Nur noch 180km auf dem Rad...
BIKE
Auf dem Rad gebe ich direkt Gas. Dabei wollte ich doch locker anfangen. Die ersten fünf Kilometer fahre ich mit einem Schnitt von 37km/h und denke mir: Das ist nun viel zu schnell. Also zwei Gänge runterschalten und geniessen. Nach der Biermeile in Eckersfelden geht`s erst mal raus aufs Land. Hier macht sich bezahlt, dass ich vor zwei Monaten schon einmal da war. Die Strecke geht leicht bergang (kann man nicht wirklich sehen) und der Wind kommt von vorne. Trotz nicht optimaler Geschwindigkeit auf dem Tacho heisst es ruhig bleiben. Das wird nachher besser. Das Rennen ist noch lang. Ich versuche also mein Tempo zu finden, nicht zu schnell aber auch nicht zu langsam. Nach Gefühl überhole ich mehr Fahrer, als ich selber überholt werde. Das wundert mich ja ein wenig, mag aber der Tatsache geschuldet sein, dass ich relativ weit hinten starte. Bis Greding, der südlichste Teil der Radstrecke, läuft es ganz gut. Hier wartet der steilste und längste Anstieg das erste Mal auf mich. Auf dem ersten Teil mit der größten Steigung ist richtig was los. Tribünen und laute Musik mit Moderatoren peitschen die Fahrer nach oben. Das macht wirklich Spass. Ich freue mich auch mal aus der Aeroposition rauszukommen und mich etwas auf dem Rad zu bewegen. Nach zwei Kilometern wird es etwas flacher und es folgt eine Verpflegungsstelle. Ich nehme neues Wasser auf und mache mich auf den Gipfel. Von meiner Trainingstour weis ich, dass es von hier in drei Wellen nach oben geht und man nicht zu früh Gas gegen sollte. Nach knapp 10km bin ich auf dem höchsten Punkt der Strecke und es folgt eine längere Abfahrt. Hier kann man sich etwas ausruhen und von dem Anstieg erholen. Der Tacho zeigt 55km an und die Familie wartet am Fuße des Solarer Berges bei km 70 auf mich. Das sind also noch ca. 25 Minuten. Ich freue mich schon sie zu sehen und fahre weiter durch die schöne Landschaft des Roth-Kreises. So eine abgesperrte Radstrecke ist wirklich super. Einer der Gründe für mich bei solchen Veranstalltungen teilzunehmen. Nach 2:08h auf dem Rad und 71 Kilometern sehe ich meinen Fanclub an der Seite. 33,5 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit bis hierher sind eigentlich zu schnell. Ein kurzes Winken und es geht in den Solarer Berg. Und das ist mal der Wahnsinn. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut beim schreiben wenn ich daran zurück denke. Ma kommt sich vor wie bei der Tour de France. Zuerst wird die Strecke seitlich mit Gittern abgesperrt. Diese werden langsam enger und das ganze mündet unter einem Bogen in einer Zuschauermenge durch die auf ersten Blick kein Durchkommen ist. Durch einen circa einen Meter breiten Kanal geht es den Berg goch. Das Gefühl ist echt überwältigend und ich fahre mit einem breiten Grinsen kopfschüttelnd durch die Menge. Leider sind die 2km viel zu schnell vorbei und nach einer Verpflegungsstation geht es in einem Bogen wieder zurück nach Hilptoltstein. Auch hier wartet mein Fanclub wieder und treibt mich weiter an. Jetzt ist ungefähr die Hälfte der Radstrecke geschafft. Es geht in einer Rechtskurve wieder zum Schwimmstart und auf die zweite Runde.
Mit der Weile ist es schon ganz schön heiß geworden. Die ersten 90km fahre ich jetzt mit einem Schnitt von 33km/h. Das bedeutet ich bin 20 Minuten schneller als ich geplant habe. Da ich langsam die Beine merke versuche ich ein wenig rauszunehmen. Eigentlich wollte ich auf der ersten Runde nur einen 30er Schnitt fahren. Hoffentlich rächt sich das hinten raus nicht. Der Weg nach Greding verläuft recht Problemlos und gerade auf den flachen Stücken mit Gegenwind versuche ich locker auf dem Rad zu bleiben. Greding ist wie in der ersten Runde wieder stimmungsmässig super. Aus dem Sattel rauskommen tut bei Kilometer 127 auch ganz angenehm. Nachdem ich den längsten Anstieg zum zweiten Mal erklommen habe denke ich auf der Abfahrt nach Obermässing schon wieder an das dritte Treffen mit der Familie. Das sind noch gut 20km, also nicht mehr lang. Die Sonne brennt und ich nehme bei jeder Verpflegungsstelle neue Flüssigkeit auf. Das ISO habe ich zwei Mal probiert und es ist nicht so mein Fall, also bleibe ich bei Wasser womit ich mein Gel-Gemisch aus der eigenen Flasche runterspüle. Kurz vor Hiltpolttein kommt das ührungsmotorrad an mir vorbei. Das bedeutet die Spitze kommt gleich. Kurze Zeit später knallt Niels Frommhold auf seiner Zeitfahrmaschine an mir vorbei. Das ist schon cool mit den Profis in einem Rennen zu fahren. Ich sage mir noch, der ist ja auch über eine Stunde vor mir gestartet, soooo viel schneller ist der also gar nicht ;-) Bei der Einfahrt nach Hiltpoltstein suche ich nach meinem Fanlclub und sehe ihn auch schon von weitem wie er jubelnd am Rand steht. Spitzen Verein! Danach geht`s zum zweiten Mal nach Solar hoch. Das ist so unbeschreiblich cool und wirklich einer der besten Momente des Triathlons! Oben gibt`s zum ersten Mal Cola bei der Verpflegung und ich trinke direkt ein paar große Schlücke und nehme noch eine Wasserflasche für die letzten 20km auf. Nach ein paar Minuten sehe ich wieder das Führungsmoped. Diesmal am Rand. Niels steht an seinem Rad im Graben mit noch jemandem. Krass. Später erfahre ich, dass er mit einer 70jährigen Age-Grouperin zusammengestossen ist und beim Sturz der Lenker gebrochen ist. Ganz schön bitter, vor allem auch bei dem Vorsprung. Ich runde mich also zurück und sehe am Ende der zweiten Runde zum vierten Mal meine Familie. Wieder ausgelassenes Anfeuern und ich weis es sind nur noch gut 10 Kilometer nach Roth. Auf dem Weg in die Wechselzone 2 nehme ich noch mal orderntlich raus, es muss ja noch ein wenig gelaufen werden. Trotzdem bekomme ich bei km 179 einen Krampfansatz im rechten hinteren Oberschenkelmuskel. So ein Dreck, das muss echt nicht sein. Ich versuche den Muskel etwas zu dehnen, was sich aber auf dem Rad als nicht so einfach herausstellt. Da kommt auch schon die Wechselzone und ich freue mich dass der Radsplit mit 5:34h fast 26 Minuten schneller als geplant ist.
WZ2
Beim Abstieg vom Rad merke ich dass die Schwerkraft ganz schön schwer ist und taumel etwas hilflos Richtung Wechselzelt. Das Rad wird mir sofort abgenommen (Mist, daran konnte ich mich also nur kurz festhalten) und ich bekomme kurz vor dem Zelt meinen Beutel gereicht. Im Zelt sind es gefühlte 50 Grad. Wieder eine super nette Helferin die mich beim Umziehen unterstützt. Ich habe es dabei gar nicht so eilig und setze mich erst mal auf eine Bank und ziehe mich um. Die Helferin schmiert mich noch etwas mit Sonnencreme ein und dann geht`s auch schon wieder los. Da mir im Magen zuletzt etwas unwohl war gehe ich mal kurz aufs Klo, in der Hoffnung das Problem dort loszuwerden, aber es kommt: nix. (So sollte das auch noch einen Tag lang bleiben) Also wieder raus und die Splittaste auf der Uhr gedrückt. Zweiter Wechsel in 4:27m.
RUN
Die Uhr zeigt nun 7:02h an als ich auf die Marathonstrecke gehe. Das bedeutet ich habe vier Stunden zeit um unter 11 Stunden ins Ziel zu kommen. Das wäre ja vorher mein Traum gewesen. Unter 12 Stunden ist OK, unter 11 wäre Perfekt. Mit der Gewissheit das heute zu schaffen eier ich auf dem ersten Kilometer rum. Laufen nach Radfahren fühlt sich so komisch an. Zum einen sind die Beine die harte Bewegung nicht gewohnt, zum anderen kommt man vom Rad wo man Geschindigkeiten bis 80km/h und einen 32er Schnitt hatte um jetzt mit 12km/h gefühlt wie eine Schnecke über den Kurs zu kriechen. Nach einem Kilometer piepst die Uhr: 4:29m für den ersten Kilometer. Das ist vieeeeeeeel zu schnell. Also versuche ich lockerer zu laufen, was aber nicht so ganz funktioniert. Zwar sind der zweite und dritte Kilometer mit 5:04m und 5:03m langsamer, aber da ging es auch den Berg hoch. Erst bei Kilometer 4-7 werde ich etwas langsamer und laufen so mit 5:20m über den Parcour. Der erste Wendepunkt ist am Kanal, wo man eine Zeit lang über den staubigen Fußweg läuft. In der Mitte der Kanalpassage singt eine Zwei-Mann-Band (Genauer: ein Mann mit Gitarre und eine Frau am Mikro) Die sind so schlecht dass ich mich frage ob die beabsichtigt zur Motivation dort sind, frei nach dem Motto: Bloss schnell weg hier. Es sind wirklich viele Verpflegungsstellen und auch überall Menschen an der Strecke. Ich merke dass das Laufen langsam immer schwerer wird und meine Zeiten auch weiter runtergehen. Aber das ist eigentlich nicht schlimm. Ich überschlage, dass ich ja für 4 Stunden nur 5:45m/km laufen muss. Also gehen die Zeiten auch in die Richtung und ich sage mir: Nur noch halten. Nach einer guten Stunde habe ich 12km rum und ich denke mir, dass das doch eigentlich echt gut ist. Bei Kilometer 12,5 steht wieder die Familie und mir wird langsam bewusst, dass ich nicht mehr lange weiterlaufen kann. Ich mache noch mal gute Miene zum bösen Spiel und freue mich alle zu sehen. Durch Roth ist es die ganze Zeit so voll, dass man sich gar nicht traut langsamer zu machen. Bei km 13 ist man wieder aus Roth raus und es geht 1-2km bergauf durch den Wald Richtung zweitem Wendepunkt in Büchenbach. Hier kann ich nicht mehr weiterlaufen und gehe weiter. Nach einiger Zeit kommt wieder eine Verplfegunsstelle mitten im Wald und ich setzt mich mit Gel, Cola & Red Bull an die Seite. Noch 30km. Was eine Scheisse. Wieso habe ich mich nur dafür angemeldet. Im Kopf sehe ich meine SUB11 verschwinden und bin zutiefst enttäuscht von mir. Um das Laufen habe ich mir nie sorgen gemacht. Letztes Jahr den Marathon in 3:10h gelaufen und echt fit auf den Beinen. Laufen ist beim Triathlon immer meine stärkste Disziplin wo ich viele Leute überhole. Und jetzt: Der Tank ist leer. Plötzlich eine Stimme: "Are you OK?" Ich blicke auf. Eine Engländerin beugt sich zu mir runter und sagt: "Believe in you, you have the strenght inside!" und zieht mich hoch. Ich fange wieder an zu gehen und sie läuft weiter. In meinem Kopf verdrängt ein Gedanke die Enttäuschung über das Verpassen der SUB11. Du willst diese Scheiss Medaille im Ziel und ins Stadion laufen. Egal wie lange es noch dauert, da komme ich an! LOS. Also fange ich wieder an zu laufen. Die Beine sind so etwas von schwer und ich sage mir: Nur noch 30km. Haha. Nur... Etwas später sehe ich von hinten die Engländerin, die mir eben aufgeholfen hat. Auch sie geht. Ich klopfe ihr auf die Schulter und sage nur: "Believe in you, you have the strenght inside!" Sie lacht mich an und beginnt auch wieder zu laufen. Wir kommen ins Gespräch und sind bis Büchebach zusammen unterwegs. Sie sagt es wäre ihre vierte Langdistanz aber sie wäre noch nie gegangen. Mit der Weile ist es auch richtig heiss und ich gehe bei den Verpflegungsstellen komplett durch um mich in Ruhe zu verpflegen. Immer ein Gel, Cola, Red Bull und am Ende etwas Wasser um die ekelhaft süssen Geschmack im Mund ein wenig rauszubekommen. Dazu auch immer zwei frische Schwämme mit kaltem Wasser in den Nacken und auf die Schulter unter das Trikot. Büchenbach ist als Stimmungsnest auch super. Zuerst geht`s in das kleine Dörfchen und dann um einen kleinen See herum und wieder zurück. Die Strecke durch den Wald ist dank des Schattens eigentlich sehr angenehm und geht in der Richtung nach Roth auch kontinuirlich bergab. In einem Kilometer steht wieder die Familie und ich weis nicht wie ich ihr sagen soll, dass es nicht läuft. Ich denke mir noch eine Formulierung wie: Ich bin mehr Wackelpuding als Iron, aber bekomme als ich da bin eigentlich nichts raus. Zu groß ist da wieder die Enttäuschung über meine Lauf-Leistung. Ich rufe ihnen aber noch zu, dass ich das schaffen werde und kämpfe mich weiter. Die Taktik ist: zwischen den Verpflegungsstellen laufen, und darin in Ruhe auftanken. Der Halbmarathon ist in etwas mehr als zwei Stunden vorbei. Ich rechne noch kurz: Das mal zwei und es könnte doch noch reichen, aber mir wird auch sofort bewusst, dass das an den ersten 12 Kilometern liegt. Also neues Ziel: SUB12. Ich rehne mir ab jetzt immer aus, ab wann ich bis ins Ziel gehen kann, um das noch zu schaffen. Aktuell noch knapp 3 Stunden für 21 Kilometer. Da muss ich noch etwas laufen. Der Weg wieder zum Kanal hoch ist echt hart, die lange Steigung zieht sich und ich bin froh als es wieder flacher wird. Am Kanal spielt immer noch die Spitzen Band. Mann ist das schlecht. Nach der Wende und der Verpflegung geht`s wieder runter nach Roth. Noch 3 Kilometer bis zur Familie durch die Innenstadt am Marktplatz vorbei. Die Stimmung am Rand nehme ich nicht mehr so voll war. Mein Körper schaltet langsam in der Überlebensmodus. Bei Kilometer 32 umarme ich jeden aus meiner Familie und bedanke mich für die super Unterstützung heute. Alle schauen etwas verdutzt, aber de Zeit ist mir zu diesem Zeitpunkt total egal. Ich weis, dass ich das schaffen werde und ich weis dass ich unter 12 Stunden bleiben werde. Nur noch 10 Kilometer. Die Steigung nach Büchenbach nehme ich bewusst mit einer Gehpassage um nicht zu viel Kraft zu verschwenden. Die Runde um den See läuft wesentlich besser als bei der ersten Runde und ich weis von hier gehts quasi direkt ins Ziel. Nur noch fünf Kilometer. Bei unserem Treffpunkt sehe ich nur noch Helena und Henry und meine Mutter. Ich umarme meine Fraun noch einmal und sage: Gleich habe ich es geschafft. Es ist nicht mehr weit. Als ich 15 Meter weiter von einer Frau einen Cola-Becher entgegennehme sagt sie zu mir: "Der kleine hat gerade total süß gewunken." Ich drehe mich noch mal um und winke den beiden zu. Die letzten Kilometer kommen irgendwoher Kräfte, die ich gerne früher gehabt hätte. Ich biege von der Runde ab Richtung Zielstadion, höchstens noch ein Kilometer. Ich drehe mich um und lasse etwas Abstand zu meinen Vorderleuten auf der Strecke. Ich will den Moment im Stadion geniessen und nicht in einem Pulk einlaufen. Kurz vor dem Stadion sind Sabrina und Michael und feuern mich noch einmal an. Und dann ist es soweit. Ich erreiche das Stadion. "Welcome to the home of triahlon!" Über den roten Teppich drehe ich meine Runde und kann es gar nicht richtig fassen. Ich habe es geschafft. 3,8km Schwimmen - 180km Rad - 42,2km Laufen - 226 Kilometer. Ich laufe durch den Zielbogen bei 11:27h und bekomme meine Medaille umgehängt.
Ganz schön schwer das Teil. Ob wegen der Medaille oder aufgrund totaler Erschöpfung zieht es mich auf den Boden und ich bin froh mich gerade nicht mehr bewegen zu müssen. Nach einer Weile des Stimmung geniessens im Stadion begebe ich mich in Richtung Versorgungszelt. Als ich gerade über den Steg gehe sehe ich meine Schwester und Michael die mir als erste gratulieren. Ein erstes Zielfoto für die anderen, damit die Wissen ich bin lebend angekommen. Hinter mir werden in der kurzen Zeit zwei Athleten auf einer Bare vorbeigetragen. Das Wetter und der Wettkampf fordern ihren Tribut.
Im Versorgungszelt versuche ich etwas zu mir zu nehmen, aber es ist alles ekelhaft. Von der ganzen Gels, Cola & Red Bull habe kann ich echt nix süsses mehr sehen. Wasser geht auch nicht mehr. Mir ist einfach grundsätzlich etwas schlecht. Also hole ich meinen Beutel und gehe Duschen. Etwas wakelig aber zufrieden komme ich aus der Dusch und ziehe mir trockene Kleidung an. Das tut gut. Ein Blick auf das Handy: 156 neue WhatsApp nachrichten. Das meiste Glückwünsche. Krass wieviele das am Ticker mitverfolgt haben. Ich mache mich auf dem Weg zu meiner Familie. Im Schatten eines Baumes lasse ich mich ins Gras fallen und nehme meinen Sohn in den Arm. Er hat von Helena ein Shirt bekommen wo "Mein Papa ist ein Ironman" drauf steht. Natürlich in rot auf schwarz. Ich muss lachen. In mir kämpft derzeit die Enttäuschung über die schlechte Laufleistung mit dem Stolz das ganze in 11:27h geschafft zu haben. Es sollte noch ein paar Tage dauern bis der Stolz die Oberhand gewinnt.
Abends waren wir noch im Stadion bei der Abschlussparty. Um bis 23 Uhr kommen die letzten Teilnehmer ins Ziel und die Stimmung ist sensationell gut. Danach wurde ein kleiner Film vom Tag mit dem Titelsong Legendary gezeigt. Das Motto war ja "My Race - My Legend" und bei den Bildern läuft mir nochmal ein Schauer über den Rücken. Zum Abschluss gibt es dann noch ein großes Feuerwerk welches ich mit Helena im Arm und mit Sabrina & Michael anschaue. Ein traumhafter Abschluss einer Spitzenveranstalltung.
An dieser Stelle möchte ich mich auf jeden Fall bei meiner Familie bedanken die mich bei diesem Projekt unterstützt hat! Es war eine schöne Zeit in Roth mit euch!
Insbesondere auch Danke an Helena, die ja nicht nur die Woche vor Ort mitgemacht hat, sondern mich auch vorher unterstützt hat so dass ich immer gut trainieren konnte.
Im Ziel sagte ich zu meiner Familie: Das mache ich nie wieder! Aber das Gehirn ist schon eine faszinierende Sache. Mit der Zeit vergisst man den Schmerz und nur das Gute bleibt in Erinnerung. Als ich mit Helena ein paar Tage später zu Hause einen Bericht über Roth im Fernsehen anschaue, fragt sich mich im Anschluß ob ich immer noch dabei bleibe das nie mehr zu machen. Ich gucke sie von der Seite an und sie sagt: "Das habe ich mir schon gedacht" Irgendwannn muss ich da noch mal hin und dann schaffe ich die SUB11. Mit der Laufstrecke habe ich noch eine Rechnung offen...